Gärtner & Bauerndorf
Eckenheim war seit seiner Gründung 795 ein Bauern- und Gärtnerdorf. Im Laufe der Zeit hatten die etwa 300 Einwohner 700 morgen = 12. 000 m 2 zu bewirtschaften.
1754 zählte Landgraf Wilhelm 44 Familien mit 207 Seelen, 42 Wohnhäuser und 1 herrschaftliches Haus, 1 Kirche, 29 Ochsen, 450 Morgen bebautes Ackerland, 81 Morgen Brachland 4 Morgen Gärten und 89 Morgen Wiesen. (1.263 600 m2 /Ffm. Morgen 2025) 2010 = 2.255 m2
Weil er so ein guter Landgraf war, verkaufte seine hessich-kasselaner Verwandtschaft 8 junge Eckenheimer nach England, um in die Unabhängigkeits-kriege ziehen lassen.
Die Franzosen kamen 1792 mit 5.500 Soldaten und 2.100 Pferden ins waldreiche Dorf. Als einzig Positives berichtet die Chronik: sie haben die Weinberge angelegt. Mit Höhen und Tiefen, Hungersnöten, strenge Winter, Kriege und Besatzungen zog schlug sich das Dorf mit seiner Landwirtschaft und Gärtnereien bis 1860 durch und zählte 1.800 Beisassen (ohne Rechte & Eigentum.
Woher kamen Menschen die als Mägde und Knechte bei den Bauern oder Gärtnern arbeiteten? Der Spessart, die Rhön und aus Unterfranken kamen die meisten Zuwanderer aus den armen katholischen Regionen. Wenige durften in Frankfurt ihr Brot verdienen, mussten aber abends wieder die Stadt verlassen.
Magd und Knecht hieß eine Beschäftigung mit Kost und Logi und Hungerlohn. Der eine oder andere sozial eingestellte Landwirt sorgte auch für Kleider und Schuhe. Ansonsten gab es ein kläglichen Lohn an Johannis oder Weihnachten. 24. Juni Johannes d. Täufer oder 27 Dezember Evangelist Johannes.
Mit dem Reichsdeputationshauptschluß 1803 änderten sich die Besitzverhältnisse radikal. Die im Besitz der Kirche und der Klöstern befindlichen Liegenschaften und Güter konnten von den armen Bauern nicht gekauft werden. Reiche Frankfurter Bürger, aber vor allem die Stiftungen kauften für kleines Geld die Grundstücke in Eckenheim auf. Das Waisenhaus hält den Löwenanteil des Stadtteils Eckenheim.
Das Gelände auf dem diese Einrichtung steht, war nicht nur Im Besitz der Stiftung Waisenhaus, wie viele andere Liegenschaften auch. Es war eine große Gemüsegärtnerei .
Ich möchte zunächst noch einige Wort zu den Hintergründen der Eingemeindung sagen:
Zunächst waren es die politischen Verhältnisse der preußischen Regierung, die Folgen der Bismarkschen Sozialgesetzgebung und die zwingend erforderliche räumlich Ausdehnung der Stadt. Viele Orte im Süden und Westen waren schon Frankfurter geworden. Die Oberbürgermeister Miquel und Landmann sahen die Notwendigkeit und trieben die Vorbereitungen an. Eckenheim war für Frankfurt besonders interessant, da der größte Teil des Grund und Bodens in Händen der reichen Frankfurter und der Frankfurter Stiftungen befand.
Man feilschte mit allen Tricks. Es wurden verschiedene Varianten der Straßenbahnen in den Norden unter das Volk gebracht. Trambahn hieß Arbeitsplätze und Arbeitsplätze hießen Gas, Strom, Kanal, Straßenpflaster
Einmal über Eckenheim, einmal über Preungesheim und Berkersheim nach Bad Vilbel und zum anderen nach Bad Homburg wurden die Gerüchte unter Ortsbürgermeister der hanauischen Dörfer gebracht.
Die Eckenheimer unter Bürgermeister Römer wurden mit Straßenbahnen bis zum Hauptfriedhof mit einem Depot in Eckenheim und Elektrifizierung (Gas) , Zu- und Abwasser (Kanalisierung) geködert.
Die im Eingemeindungsvertrag von 1910 zugesagte Kanalisierung, Straßenpflaster, Gas- Elektroversorgung ließen bis 1930 auf sich warten.
Eckenheim war und blieb sehr lange Zeit ein Gärtner und Bauerndorf. Deshalb habe ich mich auf 3 Bereiche konzentriert:
Landwirtschaft und Hungerzeiten
Neben den etwa 15 großen bäuerlichen Höfe, wie vier mal Porth, Adam , Schoppel, Epp, Müller, Möller, Caspary und Horn, haben viele neben der Landwirtschaft auch die Schweinezucht und Fahrdienste in ihrem Programm. Der letzte Höhepunkt der Eckenheimer Land- und Gartenbetriebe waren die Hungerjahre nach dem II.Weltkrieg
Zusätzlich kam zur Mitte der 5oer Jahre eine Bauwelle nach Eckenheim, die die landwirtschaftliche Betätigung unrentabel machte. Berkersheim = letzte Vollerwerbsbauern
Ich will zwei der Hofgüter nennen, die das Bild Eckenheims prägten.
Da gab es zwei Familien Porth. Ein Hof in der Feldscheidenstr. der Milchporth hatte über 20 Kühe, 15 Ochsen und ca 30 Schweinen im Stall und verkaufte. seine Waren den örtlichen Metzgern oder der Molkereizentrale in Frankfurt
Die Milch wurde ständig überwacht, der Prüfer kam mit Waage, Aärometer und einem kleinen Mikroskop auf den Hof und stellte die Qualität vor allem den Fettgehaltfest. Meist war der Milchprüfer auch der Fleischbeschauer, der die Hausschlachtung überwachte.
Der Unterschied zur Milchprüfung bestand darin, dass nach dem Öffnen der Tiere die Begutachtung (Rotlauf ) und Prüfung mit einer angemessenen Menge von Kornschnaps besiegelt wurde.
Am Dalles (Klinkerhaus) war der andere Porth. Der Reichporth. Er hatte größere landwirtschaftliche Flächen, einen größeren Hof und war vor allem Dingen Parteigenosse in NSDAP. Die Nazis hatten in beauftragt und einen Vasallen (Kröck) eine Schweinemästerei (1960) mit ca. 20. 000 Schweinen aufzubauen und zu betreiben.. Das brachte ihm den Titel eines Erbhofbauern ein. Das Erbhofgesetz wurde schon 1933 von den Nazis eingeführt und diente der Blut und Boden Ideologie. Die Höfe hatten ca 80 Hektar.
Viele Landwirte verdienten mit Pferdefuhrwerken und Fuhrleistungen, wie Kohlehandel, Speditionsfahrten vom Bahnhof Ffm Berg ihr Zubrot. Etwa ab 1913/14 wurde das Nordend und die Eckenheimer Landstr. südlich des Alleenrings gebaut. Sand und Kies kamen aus der Kiesgrube (Kull) des Reichporth.
Anmerkung:
nach dem 2. Weltkrieg wurde die Grube mit Bauschutt und allerlei Chemikalien und Abfall gefüllt. Schön, dass heute keiner mehr weiß, was da alles vergraben wurde.
Neben des großen Bauern, hatten sich um den 1. Weltkrieg viele Feierabendbauern (Nebenerwerbsbetriebe) gegründet. Schweine, Hasen. Hühner ja, Kühe nein, die waren zu teuer in der Anschaffung und Fütterung. Die Ziege wurde zur Kuh des kleinen Mannes. In den Hungerzeiten zählte der 1898 gegründete Verein über 300 Mitglieder. Das Mitgliedsbuch zwischen den Kriegen, liest sich wie das Eckenheimer Who is Who.
Die Herren Krieger waren an der Front, in Gefangenschaft oder gefallen und die Frauen mussten sich mit Aufzucht, füttern, ausmisten und melken beschäftigen, um die Familien über die Hungerzeiten zu bringen. Die Geburtsjahrgänge ab ca. 1935 wurden mit Ziegenmilch, Ziegenkäse, Ziegenbutter aufgezogen. Mancher kann das heute noch nicht essen.
Die Ziegenzucht, wie die gesamte Zucht und Unterhaltung der Kleintiere wurden vom Wirtschaftsverband Groß Frankfurt verwaltet und kontrolliert. Die Prüfer des Amtes konnten vielfach keine oder wenig Kleintiere in Eckenheim antreffen. Sie hatten keinen Dienstwagen sondern fuhren mit den Linie 7 und 13 und wo immer sie gesichtet wurden, begann die Alarmkette für das ganze Dorf.
Die Kinder zogen mit Ziegen (die Gaas), Hühnern und Hasen ins Feld bis der Prüfer, reichlich mit Schnaps (selbstgebrauten) und Lebensmittel belohnt, wieder abzog.
Für ein kurzes Aufklackern der Kleintierzüchter hatten die GI gesorgt. Sie hatten besonders Interesse am Handel mit der heimischen Bevölkerung Sie waren ihre Dosen leid und gierten nach frischem Fleisch. Natürlich wurde in Eckenheim schwarz geschlachtet. Pfefferminz wurde gekocht, damit niemand die „Metzelsupp“ riechen konnte und am Ortsausgang standen Melder falls die MP kommen sollte..
Bis eines Tages ein Kleintierzüchter von den Soldaten fast zu Tode geprügelt wurde, weil er einem Ami eine Katze statt einem Hasen verkauft hatte.
Zur Landwirtschaft gehörten auch schon vor dem II. Weltkrieg bäuerliche Betriebe, die nicht nur im Anbau tätig waren, sondern auch Dienstleistungen für andere, kleinere Betriebe anboten.
Die meisten Bauern können sich die Investitionskosten nicht leisten. Wilhelm Schwab`s Dreschmaschinen wurden von den Bauern der umliegenden Dörfer genutzt.
1878 wird Wilhelm Schwab, als Sohn des Dreschmaschinen Besitzers Jakob Schwab in Eckenheim geboren. Er lernte den Beruf eines Schlossers und heiratet die Tochter des Bäckermeister Karl Valentin Müller (ein Blick in das Grundbuch)
Die Großfamilie Schwab/Müller lebt in der Eckenheimer Landstrasse 479. Dort betreibt sie die Bäckerei und einen kleinen Krämerladen. Weiterhin verdient Wilhelm Schwab seinen Lebensunterhalt mit Metallbearbeitung und betreibt eine Lohndrescherei.
Anmerkung: zwei Arbeitsplätze für einen Arbeitnehmer sind keine Erfindung des 21.Jahrhunderts
Tagelöhner und Wanderarbeiter, die zur Erntezeiten aus der Rhön und dem Vogelberg nach Eckenheim kommen, droschen das Getreide und schliefen im Stroh.
Der II. Weltkrieg veränderte das Leben der Familie. Vater Fritz muss in den Krieg nach Frankreich, jedoch zur Erntezeit wird er UK gestellt und bedient in Eckenheim die Dreschmaschinen.
Georg Zorbach gründet in den 30er Jahren ein Transportunternehmen und arbeitet am Bau des Westwalles. Er stellt vielen jungen Männer aus Eckenheim Arbeitsplätze zur Verfügung.
1953 verstirbt Wilhelm Schwab und seine Enkeltochter Friedel heiratet im gleichen Jahr den Preungesheimer Karl Emmerich. Geld geht nach Preunsem.
Gärtnereien
Ich sagte schon, dass sich die Frankfurter Stiftungen die meisten Äcker, Wiesen und das Brachland unter den Nagel gerissen hatten. So auch den Grund und Boden für die Gärtnereien.
Ab der nördlichen Seite des jüdischen Friedhofs bis ins alte Dorf waren allein 15 Gärtnereien und 28 Handwerksbetriebe Ich Die Gärtnereien zogen sich längs der Eckenheimer Landstr. bis zum Grünen Weg, heute die Sigmund Freud Str..
Die Eckenheimer Landstr. war Dreh – und Angelpunkt des Dorfes. Zum großen Teil sind die ehemaligen Gehöfte noch erkennbar. 3 – 4 stockiges Haus, großer Hof und Stallungen, sind heute meist mit Hinterhäuser, kleine Werkstätten, Garagen u. ä. überzogen
Benthaus Blumen Lampengraben
Buch Blumen Friedhof
Bergmann/Prüfer Blumen Friedhof Erdhäuser
Quintilus Gemüse
Goldschmitt Tomaten, Blumenkohl, Gurken, Feldsalat
Römer (Schorsch) Tomaten, Blumenkohl, Gurken, Feldsalat
Römer Karl „de Scheppe) Gemüse
Kleinert Stauden (Kahl, Körber, Andreas)
Römer (Diehle Mariesche) Tomaten, Blumenkohl, Gurken, Feldsalat
Strohmeier, Hilmer Friedhof
Strohmeier Gemüse
Beuchert Gemüse.Kräuter
Plattil Blumen Flieder
Sinai Flieder bis in die USA
Kleinert Willy Stauden (Kahl, Körber, Andreas)
Möller Landschaftsgärtnerei
Weitere kleine ein – Zweimann Betriebe.
Pfeiffer Grüner Weg Gemüse
Schorsch Porth Eckenheimer Gemüse /Schwiegersohn Brot /Brill
Johannes Porth Obst und Gemüse
Scholl Ecke. Friedhof Gemüse
Benthaus Blumen Verkauf Marbachweg
Hochberger Ecke,511 Gemüse und Blumen
Müller Eckeh. Jüd. Friedhof Friedhofsgärtnerei
Henze A. E. Friedhof Gemüse
Wittmann Steinkleestr. Obstplantage
In der zerstörten und besetzten Großmarkthalle konnten die Gärtner ihr Gemüse, obst und Blumen nicht verkaufen. Bis zur Freigabe der Fläche vor der halle fuhren die Frauen mit dem Drückkarren an den Börneplatz
Nach 1947/48 als die ersten Dreiräder aufgetaucht und fahrbar waren, wurden die die Erzeugnisse der Bauern und Gärtner mit diesen Autos in die Stadt gebracht.
Gastwirtschaften
Für die etwa 25 Kneipen (Wertschafte) in Eckenheim möchte ich drei besonders hervorheben:
Unter den Wirtschaften waren große mit Kolleg und Saal. Säle hatten der Kauth, der eppe Schaa, das Deutsche Haus (Kaiser) und der Cronenburger. In der Mehrheit hatten die Kneipen 3 – 4 Tische, eine Theke, der Batzewert sorgte Spielautomaten und Sparkasten der 1822.
Mit mit über 35 Vereinen im Ort, mussten viele kleine und mittlere Kneipen für den Abbelwoi und/oder die Übungsstunden zur Verfügung stehen. Teilweise, wie der Eppe Schaa, wurden die Wirtshäuser von Landwirten nebenbei gehalten. D. h. die Kneipe war nur abends für den einen oder anderen Verein offen.
Das Gasthaus zur Post in der Eckenheimer Landstr. und die noble Äbbelwoi-wertschaft Kurhessischer Hof. möchte ich besonders nennen.
Mit der Urkunde des Großherzogs von Hessen und bei Rhein vom 2. Juni 1863 begann ein bis heute fortbestehende Gastwirtschaft. Kelterei und Schweinemästerei wurden 2017 eingestellt. Im Namen seiner königlichen Hoheit des Großherzogs von Hessen und bei Rhein p.p. durfte 1863 ein Johann Phillip Scheid von Okarben nach Eckenheim ziehen
Wahrscheinlich, so sein Enkel Horst Scheid (87), versuchte er in der Nähe der Stadt Frankfurt am Main eine wirtschaftlich bessere Zukunft aufzubauen. Johann Friedrich Scheid musste nicht ganz unbetucht gewesen sein, denn er erbaute das „Deutsche Haus“ in der Ortsmitte. Am „Dalles“ heißt der Platz. Er betrieb dort eine Gastwirtschaft und Kelterei.
Johann Friedrich hatte drei Kinder, Jean, Fritz und Liesel. Sein 1897 geborener Sohn Jean, baute Anfang des 20. Jahrhunderts (1910) zwei Häuser im Oberdorf an der Eckenheimer Landstrasse 302 – 04 / Feldscheidenstrasse. Im Gebäude Eckenheimer Landstrasse 302 war zunächst auch die Post untergebracht.
Für seinen Sohn Fritz erbaute er das Anwesen Engelthaler Strasse …. . Auch Fritz Scheid blieb beim „Äbbelwoi“ und betrieb bis 1968 eine Lohnkelterei. Seine Tochter Marianne, die später verheiratete Inge Kolb, war 1953 die erste aus Eckenheim stammende Fastnachtsprinzessin.
Jean Scheid war der „ Äbbelwoiwerd“ des Dorfes. Er betrieb sein Geschäft sowohl in der Zeit zwischen 1918 und 1939 als auch nach dem II. Weltkrieg.
Es gab in seiner Wirtschaft einen Stammtisch der Honoratioren, der wöchentlich tagte. Am Stammtisch hatte kein NAZI Platz, außer dem Ortsgruppenleiter, der zur Aufsicht abkommandiert war. Gotthilf Müller traute seinen Stammtischbrüdern und schwafelte gelegentlich wenn die Gestapo oder die SS zuschlagen wollten. Die Zielpersonen waren dann leider schon ausgeflogen.
In den 2oer Jahren konnte in Eckenheim noch gejagt werden. Das Bild zeigt eine Jagdgesellschaft im Jahre 1924. Es zeigt alle Angehörigen des Eckemer Landadels – von den Lehrern über die Wirte bis hin zum Apotheker. Nach jeder Treibjagd oder Wilderei gab es in den Kneipen Wild. Nach meiner Erinnerung wurde im Jahre 1966 letztmalig das Halali geblasen.
Im Dorf gab es kleine und größere Gasthäuser mit und ohne Saal und/oder Kolleg, wie der Homburger Hof, der Eppe Schaa, das Deutsche Haus beim Möllers Emil, beim Piccolo, bei Nikelees, beim Chiut und im Kühlen Grund.
Bobbelsche
Das Homeles Ei (Cronberger), die zweite Wirtschaft, die ich besonders nennen möchte, mit einem großen Saal und herrlichen Kastaniengarten blühte nach dem II. Weltkrieg zur Hochform auf. Es hatte einen der wenigen unbeschädigten Säle in Frankfurt in denen nach dem Krieg Eingeborene wie Alliierte Soldaten zünftig gefeiert werden konnte.
Tusculum wurde es von Frankfurtern und den GI genannt und würde heute bestimmt nach den Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes nicht mehr wie in den Jahren 1945 bis 1955 agieren können.
Bei den Konzerten, Tanzveranstaltungen und anderen Volksbelustigungen wurden die ersten Schritte zur Deutsch – Amerikanischen Freundschaft geschlossen.
Wie sollte es in Eckenheim anders sein? mit einem Verein
Die dritte Gastwirtschaft, die ich besonders nennen möchte, war der Kurhessische Hof im alten Ortskern, in dem schon Goethe zwischen 1790 und 1800 gespeist haben sollte.
Der freie Reichsstadt- Bürger und sein Madamsche fuhren mit der Kutsche nach Eckenheim um sich am Kirschenwäldchen, der Apfelernte und weiteren landwirtschaftlichen Aktivitäten zu ergötzen.
Wer in der gehobenen Frankfurter Bürgerschaft was auf sich hielt, musste einmal im Jahre im Kurhessischen Hof gewesen sein. Die Gaststätte bis in die 5 Generation von den Familien Seel und Müller betrieben.
Ich will das Ende dieser traditionsreichen Gaststätte mit dem in Trinkerkreisen üblichen Spruch: „Die Fraue und de Suff, die reibe die stärksten Männer uff“. beschreiben. Die städtische Bauplanung verantwortete eine der großen Bausünden, unter denen Eckenheim heute noch zu leiden hat. Die Geldgier verschandelte einen Ortsmittelpunkt.
Bevoor ich zum nächsten Kapitel komme, möchte ich Ihnen eine Bild zeigen und sie fragen, ob sie das Gelände erkennen.
115 Jahre Sozialer Wohnungsbau in Eckenheim
Mit dem Bau des „Trambahndepot“ wurden Wohnungen für die Straßenbahner und Angestellten der Stadt benötigt. Noch vor der Eingemeindung nach Frankfurt am Main begann eine neue Wohnkultur in Eckenheim. 1906 erwarb die AG für kleine Wohnungen (heute ABG Holding) im Kreuzungsbereich Marbachweg / Eckenheimer Landstraße ein größeres Gelände im Erbaaurecht (1. Erbbauvertrag im Kaiserreich) vom Waisenhaus im Erbbaurecht. Der Rote Block entsteht. Keine politische Farbe!!!
Die in den Russenfabriken arbeitenden Tagelöhner hausten nach unseren heutigen Vorstellungen in Elendshütten. Im Roten Block sahen sie erstmals Bad und Toiletten im Haus.
Die Eckenheimer Badewannen konnten mit denen der AG für kleine Wohnungen nicht mithalten. Zur Eingemeindung gab es in Eckenheim etwa 20 % Wohnungen mit Badewanne. Die typische Eckenheimer Badewanne sah so aus.
Jedem „Marktliberalen“ treibt es heute den kalten Fußschweiß auf die Stirn, wenn er sich über die 1910 von der ABG eingeführte Mieterbeteiligung bei der Verwaltung der Häuser informiert.
In jedem größeren Haus wählten die Mieter einen Obmann. Die Obmänner in jedem Wohnblock bildeten zusammen mit dem Verwalter den Mieterausschuss. Beschwerden und Streitigkeiten wurden vom Mieterauschuss geprüft und diskutiert. Sofern der Mieterauschuss feststellte, dass sich ein Mieter nicht in der Gemeinschaft einfügte und die Regeln verletzte, wurde die Wohnung gekündigt.
Die Mieterausschüsse waren nur einen Teil der für heutige Begriffe und Vorstellungen nahezu revolutionären Mieterbeteiligung bzw. Selbstverwaltung.
Für Mieter von größerer Bedeutung waren die von der ABG gegründeten und geförderten Konsumgesellschaften. Jeder Mieter konnte sich an einer Gemeinschaftskasse beteiligen, die Kartoffeln und Kohlen im Großhandel erwarb und an die Mieter zum Einkaufspreis weitergab. Die Mieter mussten ein Drittel der Kosten im Sommer anzahlen, der Rest wurde im Herbst und Frühjahr von der Gesellschaft zinslos eingezogen. Finanziert wurden diese beispielhaften Solidaraktionen durch einen größeren Zuschuss des ehemaligen Oberbürgermeisters Miquel und die Schenkungen von Georg Speyer und Frau J. Wertheim aus einem Wohlfahrtsfonds.
Für heutige sozial- und marktwirtschafteliche Vorstellungen undenkbar gründete die ABG einen Fonds, der eine Hauspflegekasse finanzierte. Jeder Mieter konnte mit einem monatlichen Beitrag von 30 Pfennig Mitglied einer Pflegekasse werden, die im Bedarfsfalle eine Hauspflegerin hieraus finanzierte. Die Hauspflegekasse übernahm alle „der Mutter und weiblichen Hausfrau zukommenden Haushaltsarbeiten durch eine familienfremde bezahlte Hilfskraft, in Zeiten, in denen der weibliche Haushaltsvorstand durch Wochenbett oder Krankheit an der Wahrnehmung seiner hauswirtschaftlichen Pflichten gehindert ist.“ Der Mieter musste die Hauspflegerin verköstigen und ihr pro Tag 10 Pfennig zahlen. Konnte die Familie die Haushaltshilfe nicht verköstigen, waren pro Tag 50 Pfennig zu zahlen.
Vergleichen sie diese Regelung mit den Gezerre beim Beantragen von Pflegegeld aus der Pflegeasse.
Zudem wurden über einen Verein „Kleingartenbau“ die Mieter angehalten, die großzügig ausgelegten Freianlagen aller Siedlungen der ABG in Frankfurt am Main zu bearbeiten und gärtnerisch zu nutzen. Die Frei- und Gartenanlagen wurden insbesondere in den Jahren nach dem 1. und 2. Weltkrieg reichlich als Gemüsegarten genutzt und ermöglichten mancher Familie die Hungersnöte zu überstehen.
In Eckenheim wurde am 22. Oktober 1915 das Vereinshaus eingeweiht. Heute als Haus der Heimat bekannt, diente es viele Jahre als öffentliches Badehaus. Die im Keller installierten Brausen und Wannebäder waren bis in die 6oer Jahre oft die einzige Möglichkeit, in Wannen zu baden.
Mit zunehmendem Alter waren die in den 40er Jahren geborenen Eckenheimer Mädscher und Jungen nicht mehr bereit, in die Zinkwannen des Hinterhofes (oft als letzte, nach Mutter, Vater und Geschwister) zu steigen und nutzten deshalb die Möglichkeiten der ABG.
Der Vorsitzende des Aufsichtsrates der ABG, Stadtrat Karl Flesch, erläuterte 1915 in einem Aufsatz die Grundzüge seiner wohnungspolitischen Vorstellungen:
„Bäder, Ziergarten, Bibliotheken, Mieter- Ausschuss, Kohlenkasse, Haushaltspflege-kasse usw. ist nicht gerade wenig; aber es berührt den Grundmangel solcher Wohnungsanhäufungen nicht. In der engen Wohnung ist kein Raum zum Aufenthalt für Kinder; außerhalb der Wohnungen in den Höfen, Strassen und Plätzen……… ist die Gefahr der Verwilderung doppelt nahegerückt. Die wichtigste Ergänzung der Wohnung wären Anstalten zur Erziehung und Pflege der Kinder, den kleineren sowohl, wenn die Mutter tagsüber dem Erwerb nachgehen muss, als auch der größeren , die Beaufsichtigung bei den Schularbeiten …..
Man wende nicht ein, dass die Kindererziehung Sache der Eltern sei. Der Arbeiter, bei 10 Stunden Arbeit, zwei Stunden Arbeitspausen und einer Stunde Hin- und Rückweg, hat keine Zeit zur Beaufsichtigung von heranwachsenden Kindern, selbst wenn nicht die öffentlichen Angelegenheiten (Gewerkschaft Wahlverein, Versammlungen usw.) ihn mit unter auch abends von der Wohnung fernhalten….“
Während der beiden Weltkriege wurde das Haus Eckenheim als Lazarett für verwundete Frankfurter Bürger/innen und Soldaten genutzt.
Nach Ende des II. Weltkrieges(zum 31.12. 1948) bestand der „Rote Block“ aus 54 Häusern mit 278 Wohnungen.
Sie haben sicherlich gemerkt, wo ich konnte, habe ich Eckenheim im besten Licht dastehen lassen. Zwei Bilder möchte ich ihnen zeige, die das Eckenheim der 5oer Jahre realistisch darstellen.
Ich möchte Ihnen an Bildern die rege Tätigkeit der über 35 Eckenheimer Vereine zeigen.
Ich halte es für geboten, dass auch der Spiritus Rektor und der Goethe – Spezialist des Heimatvereins , die leider zu früh verstorbenen Kollegen Martin Zahn und Schorsch Esser bei der Vereinsbetrachtung vorausgestellt werden müssen.
Da ist der Fußballverein Preußen 1907
Der Gesangverein Männerchor und Sängerlust
Der Eckenheimer Jugendclub von 1946
Die Feuerwehr
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Wir bedanken uns vielmals bei dem Autor Oskar Pfreundschuh, der in Zusammenarbeit mit Sylvia Pfeiffer diesen Beitrag erstellte.
Auch ein Dankeschön an Herrn Kai Blüthgen für die Redaktionsarbeit.
Werner Pfeiffer
1. Vorsitzender